Kamaru Usman vs. Gilbert Burns und Amanda Nunes vs. Megan Anderson waren als die Main Events der letzten großen UFC Veranstaltung im Seuchenjahr 2020 geplant und wie ein solches Seuchenjahr nun mal ist, wurde auch dieser Plan von Covid zu Nichte gemacht.
Zuerst fiel das Kamaru Usman vs. Gilbert Burns Duell aus und wurde relativ zeitnah mit „Aljamain Sterling vs. Petr Yan“ ersetzt. Ein ziemlich guter Ersatz, wenn man an die eher unspektakuläre aber extrem effektive Kampfart von Kamaru Usman denkt. Aljo gegen Yan wäre wohl das pure Gegenteil geworden.
Nun gut, die nächste schlechte Botschaft gab es dann mit der Absage von Amanda Nunes, die aus persönlichen Gründen das Event nicht wahrnehmen konnte. Nun fehlte ein zweiter Titelkampf, untypisch für die letzte Pay-per-view Veranstaltung, die traditionell immer eine „stacked“ Karte verspricht. Man versuchte McGregor gegen Poirier für UFC 256 zu booken, dann Ferguson gegen Michael Chandler. Nichts klappte, bis Deiveson Figueiredo nach nur drei Wochen den nächsten Titelkampf machen wollte – gegen Brandon Moreno, der ebenfalls nur drei Wochen Erholungszeit zwischen seinen Kämpfen haben wird. Titelkampf 2!
Dann konnte man aber mit „Ferguson vs. Oliveira“ einen weiteren großen Kampf buchen, ehe quasi Zeitgleich „Yan vs. Sterling“ wieder abgesagt wurde. Petr Yan zog sich aus persönlichen Gründen zurück.
Nun verbleiben mit „Figueiredo vs. Moreno“ und „Ferguson vs. Oliveira“ zwar zwei gute Main- und Co-Main Event Kämpfe aber für den gängigen UFC Fan zeigt sich die „Stärke“ dieser Karte erst auf den dritten Blick – den ich dieses mal übernehmen werde. Wie selbstlos von mir, ich weiß :D.
Main Event: Deiveson Figueiredo vs. Brandon Moreno
Das Flyweight stand Jahre lang auf der Abschlussliste und Dana White hat alles getan die Gewichtsklasse aufzulösen. Erst wurde einer der besten MMA Kämpfer aller Zeiten, Demetrius Johnson, zu ONE „getradet“ und danach wollte man TJ Dillashaw gegen Henry Cejudo gewinnen lassen um dann die Gewichtsklasse endgültig aus der UFC rauszuwerfen. Die Geschichte ist bekannt, Cejudo gewann und rettete einige sehr talentierte Kämpfer, darunter auch der aktuelle Champ, der seinerseits viel getan hat um nicht da zu stehen wo er jetzt ist – Gewichtsprobleme im ersten Titelshot.
Nun ist das Flyweight wieder so interessant wie kaum jemals zuvor. Nicht nur der Champion, der absolut sehenswert und spektakulär kämpft, sondern auch die Männer dahinter und die Jungs die runter aufs Gewicht der Flyweights kommen wollen – Askar Askarow, Alex Perez, Brandon Royval, Cody Garbrandt, Alexander Pantoja, Joseph Benavidez, Kai Kara-France, eventuell TJ Dillashaw oder auch Brandon Moreno der nun seinen Titelkampf bekommt, nachdem er bei UFC 255 eine eindrückliche Performance gegen Royval zeigte – trotz Verletzung von Royval.
Moreno hat eine hohe Pace, schlägt viele Hände die allerdings nicht wirklich hochfrequentiert ihr Ziel finden. Sein Striking ist durchaus okay aber seine Qualitäten hat er wie viele Flyweights im Grappling. Der Mexikaner bringt neben seinen soliden Takedowns (44%) ein sehr starkes Groundgame mit. Er ist zwar „nur“ ein Brown Belt in BJJ hat aber in seinen 24 Kämpfen (18-5-1), zehn seiner Kämpfe via Submission beendet. Er konnte 13 seiner Wins vorzeitig beenden und musste nur gegen Askarov einen Draw hinnehmen. Grappling ist ein gutes Stichwort, wenn es gegen Figueiredo geht. Denn auf dieser Ebene sollte der Kampf stattfinden, wenn Moreno gewinnen will. Im Striking ist der Champ zu stark für Moreno – Knockout Power, Accuracy und Defense sprechen eine deutliche Sprache für den Brasilianer und deshalb sollte Moreno den Kampf auf den Boden verlagern. Nicht weil er dort Vorteile hat, sondern weil er dort bessere Chancen hat.
Denn wenn Figueiredo eines nicht ist, dann ein schwacher Grappler – 20-1 Record – 8 Knockouts – 9 Submissions. Nicht nur ein ausgeglichener Kämpfer der nur vier mal über die Distanz gehen musste in seiner Profikarriere sondern auch vier seiner letzten Kämpfe alle in spätestens der zweiten Runde beendet hat. Gegen Alex Perez brauchte er nur 1:57 in seinem letzten Titelkampf, den Routinier Joseph Benavidez besiegte er zweimal frühzeitig – einmal per Knockout, einmal per Submission und auch Tim Elliott submittete er in Runde 1.
Figueiredo ist ein Beast, einer der immer auf das Finish geht, keiner der lange warten will auf die Chance sondern ein offensiver Power Punch-Grappler der über eine brachiale Kraft verfügt.
Hat Brandon Moreno eine Chance? Das Wrestling ist, wenn dann, die Schwäche von Figueiredo. Man hat das bei der einzigen Karriereniederlage des Brasilianers gegen Jussier Formiga (der übrigens meiner Meinung nach, niemals von der UFC, hätte entlassen werden dürfen) gesehen. Kann Moreno die Takedowns holen, den Champ am Boden halten und grinden könnte er den Kampf gewinnen. Das Problem dabei ist nur: Moreno ist nicht ansatzweise auf dem Wrestlinglevel von Perez und andererseits geht der Kampf fünf Runden lang.
Ich sehe Figueiredo bei 90% Siegeschancen und nur 10% bei Moreno. Dem einzigen dem ich zutraue Figueiredo zu entthronen ist momentan wohl nur Askar Askarov. Der Kampf wird wohl bald irgendwann mal kommen.
Co-Main Event: Ferguson vs. Oliveira
Hier haben wir das erste Problem für den UFC Gelegenheitsfan – who the fuck is Charles Oliveira? Fegruson wird den doch ohne Probleme bezwingen.
Nun gut, Oliveira hat mal kurz die meisten Submission Wins aller Zeiten in der UFC – 14 Stück in der UFC, 19 in seiner Karriere. Dazu hat er sieben Finishes in Folge und müsste längst große Namen gekämpft haben. Zuletzt besiegte er Kevin Lee via Guillotinen Submission. Davor zeigte er aber zweimal in Folge, dass er durchaus Power in den Fäusten hat und holte sich jeweils Knockout Siege. Dazu ist Oliveira nach wie vor ein aktiver Grappler, der auf den größten Turnieren sowohl mit Gi als auch ohne Gi mitkämpft.
Das Positive habe ich nun kurz erwähnt, dass sind beides Dinge die für Tony Ferguson keine Probleme sein sollten. Ferguson hat eine der krassesten Cardios der UFC und hat gegen Gaethje quasi 5 Runden lang eingesteckt. 143 significant Strikes hat er in vier Runden und 3:39 eingesteckt ehe der Ref das ganze abgebrochen hat. Was viele aber vergessen – Ferguson hat seinerseits 136 significant Strikes gelandet und unfassbare 296 Strikes geschlagen – Wahnsinn! Und ein weiterer Beweis wie gut die Cardio von Tony ist.
Ferguson schlägt pro Minute 5.8 significant Strikes bei einer durchschnittlichen Trefferquote, hat aber keine allzu gute Defense. Ein weiterer Skill von „El-Cucuy“ ist sein Grappling. Er war NCWA Champion am College und kann vor allem im defensiven Ringen brillieren – 75% der Takedowns gegen ihn, verhindert er und holt sich offensiv 42% seiner Gegner zu Boden. Wir sprechen hier vom Lightweight, dass mit Kevin Lee, Justin Gaethje, Rafael Dos Anjos, Gleison Tibau durchaus gute Ringer hatte die gegen Ferguson kämpften.
Das Ringen ist schon mal eine Stärke, dass Submission Grappling aber nochmals eine Stufe drüber. Tony Ferguson ist ein Black Belt unter Eddie Bravo und damit ein 10th Planet Grappler die extrem effektiv im MMA sind – acht Submission Siege hat Ferguson in seiner Karriere geholt – 12 weitere per Knockout. Nur fünf mal musste er über die Distanz gehen und hat momentan einen 25-4 Record. Oliveira gegen Ferguson ist also eine absolute Wundertüte. Ferguson wird von den meisten als Favorit gesehen und wahrscheinlich ist das auch zurecht so. Was man aber nicht vergessen sollte ist die Tatsache, dass er aus einer extrem schweren Niederlage zum ersten mal in den Oktagon zurückkehrt. Wie er diesen Loss überstanden hat wird sich zeigen und könnte das nötige Zünglein an der Waage sein.
Oliveira ist auf keinen Fall chancelos und auch wenn er selbst bereits submitted wurde und er doch auch anfällig für Aufgabegriffe ist, Ferguson ist auf dem Boden ebenfalls nicht unverwundbar. Allerdings ist Fergusons letzte Submission Niederlage über elf Jahre her und vor der Gaethje Niederlage konnte er 12 Siege in Folge feiern.
Dort wo Oliveira hinwill, war Ferguson bereits. Ein mega Fight!
Renato Moicano vs. Rafael Fiziev
Moicano ist ein weiterer Brasilianer – der dritte in den drei bisher preview-ten Kämpfen und bestimmt nicht der letzte. Seinen letzten Kampf hat er gegen Damir Hadzovic nach 44 Sekunden via Submission beendet, auf der gleichen Karte wie Oliveira übrigens. Beide kehren zum ersten mal seit UFC Brasilia wieder in den Oktagon. Moicano steht mittlerweile bei 14-3-1 und wird seinen zweiten Kampf im Lightweight machen, nachdem er bis 2019 im Featherweight aktiv war. Der Black Belt ist zwar ein guter Muay-Thai Kämpfer verfügt aber über keine wirklichen Finisherqualitäten im Striking. Entweder holt er sich die Submission, was sein bestes Skill ist oder er geht über die Distanz.
Fiziev hingegen ist ein ideales Matchup aber erst am Boden. Denn im Stand ist Fiziev absolut „legit“ – seinen 47 Kickbox Kämpfen folgten mittlerweile neun MMA Fights (8-1), inklusive fünf Knockout Wins. In der UFC hat er nun drei Kämpfe gemacht, zwei Siege und eine Niederlage. Zuletzt zeigte er im Juli gegen Marc Diakiese eine starke Performance.
Ein klassischer Fall von Gameplan durchbringen – im Stand ist Fiziev klar vorne, Moicano am Boden.
Kevin Holland vs. Ronaldo Souza
Der vierte Brasilianer im vierten Kampf. Jacare Souza, einer der ältesten Kämpfer im UFC Roster und wohl ein Cut-Kandidat bei einem Loss gegen Holland kämpft gegen einen ungerankten Kevin Holland, der in diesem Jahr bereits vier Siege holen konnte. Er ist einer der Gewinner der Covid Krise hätte aber bereits vergangenen Samstag kämpfen sollen – gegen Jack Hermansson. Dieser musste nun gegen Marvin Vettori einen Loss hinnehmen, der eigentlich in diesem Kampf gegen Souza antreten sollte.
Ihr seht – Covid ist auch ein Trouble Maker wenn man das ganze mit der UFC verbindet. Kevin Holland hat seinen zweiten Frühling bereits mit 28 Jahren erlebt – nach einer Niederlage gegen Brendan Allen hat er nun vier Wins in a row im Rücken – 20-5 ist sein aktueller Record und die Rankings könnten den Erfolg der guten Arbeit Hollands in der nächsten Woche sein.
Holland ist zwar ein okayer Grappler, wird mit dem BJJ von Souza aber nicht mithalten können. Daher wird er den Kampf im Stand gewinnen wollen und sollte diesen Gameplan um jeden Fall auch verfolgen. Immerhin konnte er bereits neun Knockouts sammeln.
Souza hat 26-8 mit einem No-Contest über seine Karriere gesammelt. Mit 41 Jahren mag das zwar nach wenig klingen, allerdings ist Souza nicht umsonst ein 4th Degree Black Belt!!!! der zwischenzeitlich zweimal die ADCCs und acht mal die BJJ Weltmeisterschaften gewonnen hat. Dazu hat er 14 Submission Wins aber auch schon als Striker durchaus erfolgreich agiert – 8 Knockouts.
Er ahat aus seinen letzten sechs UFC Kämpfen, allerdings nur zwei gewonnen und steht mit dem Rücken zur Wand – im November 2019 kämpfte er zuletzt gegen Jan Blachowicz. Es wird für ihn also eine schwierige Angelegenheit bei dem sein Job auf dem Spiel steht.
Routinier gegen Newcomer – ein weiterer spannender Kampf
Ciryl Gane vs. Junior dos Santos
Alle guten Dinge sind 5! Die Main Card wird Stand jetzt (Dienstag, 8.12.20) zu 50% aus Brasilianern bestehen. Heavyweight Matchup! JDS der nun als Gatekeeper agiert trifft auf den noch unerfahrenen Franzosen Ciryl Gane.
Der Franzose hat neben seinen 6-0 MMA Wins auch einen 7-0 Kickbox Record vorzuweisen und kennt das Gefühl nicht zu verlieren. Anders Dos Santos, der ehemalige Heavyweight Champion musste seine letzten drei Kämpfe allesamt abgeben und wurde dabei dreimal brutal KO geschlagen. Auch er wird um den Verbleib in der UFC kämpfen müssen, obwohl er als Gatekeeper wohl nach wie vor ein gewisses Value hat.
21-8 steht JDS momentan – 15 Knockout Wins, nur eine Submission sind für einen brasilianischen Black Belt in BJJ eine untypische Statistik. Dos Santos ist einer der technisch besten reinen Boxer im Heavyweight hat aber in den letzten Kämpfen ungewohnte Schwächen gezeigt.
Gane hingegen ist zwar in erster Linie ein Striker, konnte aber bereits drei Submission Siege feiern. Sein Striking ist aber sauber – schnell, flüssige Bewegungsabläufe und eine gute Defense dazu. Er bewegt sich eher wie ein Middleweight, als ein Heavyweight. Für ihn wird der Kampf das Ticket für Oben sein. Bisher hat er drei UFC Kämpfe auf dem Buckel aber höchstens mit Tanner Boser einen guten Namen besiegt.
Gane sehe ich vorne aber JDS ist nun mal JDS und hat eine Tonne an Erfahrung im Gepäck.
Undercard
Auch hier hat die UFC einige starke Matches gebucht. Unter anderem ist Cub Swanson gegen Daniel Pindea in einem Featherweight Bout der Appetitmacher auf die Main Card. Beide Kämpfer sind alte Hasen im Geschäft und bringen zusammen 67 Profikämpfe aufs Papier.
Deutlich attraktiver dürfte dabei der Kampf zwischen Mackenzie Dern und Virna Jandiroba sein – einfach schon aufgrund der Tatsache das wir mit Dern eine 9-1 Bilanz mitbringt und wohl die beste BJJlerin der UFC ist. Jandiroba ist ebenfalls eine starke BJJlerin, hat 13 Submission Wins bei einer Bilanz von 16-1. Ein Kampf den man auch gut und gerne auf eine Main Card setzen darf.
In den early-prelims kämpft unter anderem Sergey Spivak gegen Jared Vanderaa – 11-2 gegen 11-4 und die Eröffnung bei UFC 256 macht Chase Hooper, ein durchaus interessantes Featherweight Prospect, dass zwar im Striking mehr als nur Defizite vorweist aber ein gutes Submission Game mitbringt. Er kommt aus einer Niederlage gegen Alex Caceres im Juni. Davor hat er allerdings auch einen 9-0-1 Record gesammelt.
Zusätzlich ist auch noch Li Jingliang (17-6) anzutreffen. Der Chinese galt lange als möglicher Titlecontender musste aber in seinem ersten Test gegen Neil Magny seine vierte Niederlage einstecken. Zuvor gewann er dreimal in Folge und will nun gegen Dwight Grant (10-3) wieder auf die Siegesstrasse zurück. Grant hat ebenfalls zuletzt verloren, hat aber im Gegenzug zu Jingliang erst vier UFC Kämpfe mit einem 2-2 Record – Striking Matchup!