Die erste Runde der NBA-Playoffs ist fast Geschichte. Monster-Performances, unglaubliche Playoff-Debuts, ein Erstrunden-Aus für LeBron und viele neue Erkenntnisse. Ole und Björn nehmen sich die Zeit und nehmen kontroverse Rollen ein, um Takes zur ersten und kommenden zweiten Runde zu diskutieren.
EC-Finale ohne die Sixers
Björn: Die diesjährigen Eastern Conference Finals werden ohne die Philadelphia 76ers stattfinden. Das große Problem liegt offensichtlich nicht an der Verletzung von Embiid. Er hat in Capela einen respektablen Gegenspieler, der einen angeschlagenen Embiid in Schach halten kann. Außerdem besteht regelmäßig die Gefahr, einer Verletzung, denn 100 Prozent fit, kann er nicht sein. Die Sixers sind einfach nicht mehr das Team, das den Osten über die Regular Season so dominiert hat.
Außerdem sind die Hawks ein enorm schlechtes Matchup für Philly. Buhrufe aus dem Madison Square Garden pushten Trae Young so sehr, dass sein Adrenalin noch Wochen über Normalwert sein wird. Er hat bewiesen, dass er damit umgehen kann. Auch gegen Simmons wird er seine Freiwürfe provozieren, den Australier in Foul-Trouble bringen und auch seine Mitspieler in Szene setzen. Die Scoring-Optionen sind bei Atlanta sehr vielseitig, während die Luft bei den Sixers dünn wird, wenn die Stars vor Probleme gestellt werden. Die Hawks ziehen ins Ost-Finale ein.
Ole: Die Hawks ziehen nicht in das Ost-Finale ein, sondern die Philadelphia 76ers. Ich glaube nicht, dass Capela ein gutes Matchup für Embiid ist. Am Perimeter beziehungsweise in der Midrange hat und wird der Schweizer einige Probleme gegen Phillys Ausnahme-Center bekommen. Embiid wird wohl auch weiterhin speziell im Post gedoppelt werden müssen. Spielen die 76ers das gut aus, haben Schützen wie Tobias Harris oder Seth Curry Platz, zudem entsteht zumindest etwas Freiraum für den überragenden Cutter Ben Simmons. Apropos Simmons – der wird in dieser Serie defensiv auf Defense Player of the Year Niveau spielen, den Award habe er sich nach eigener Aussage schließlich verdient. Ein guter Zeitpunkt dafür wäre nun den brandheißen Trae Young zumindest Zeitweise aus dem Spiel zu nehmen, die Anlagen dafür hat der Australier. Eine ausgeglichene Serie sehe ich trotzdem, die durch den auf dem Papier besten Spieler der Serie Embiid entschieden wird.
Lillard war der MVP der ersten Runde
Björn: Die erste Runde bot einige besondere Einzelleistungen. Am meisten beeindruckt aber die Leistung von Damian Lillard. Es grenzt schon fast an einer Frechheit, dass ein Spieler der eine Serie so dominiert in sechs Spielen das Feld räumen muss. Kein Wunder, dass Dame frustriert war, denn die Unterstützung seiner Blazer-Kollegen blieb abermals aus.
Wer 34,3 Punkte und 10,1 Assists im Schnitt auflegt, verdient mehr als eine Watsche gegen ein Team, das auf seinen zweitbesten Spieler verzichten musste. Insgesamt flogen 35 Dreier von Dame in den Korb – Playoff-Rekord für eine Serie. Ein Großteil nahe des Logos, was beim Point Guard aber längst keine Überraschung mehr sein sollte. Besonders seine 55 Punkte im Double-OT-Krimi reichen eigentlich schon um die Diskussion über den MVP der ersten Runde zu schließen. Er konnte einfach nicht daneben werfen und ließ Münder auf der ganzen Welt offen stehen. Der beste Spieler der ersten Runde.
Ole: Einen Satz muss ich fast von dir übernehmen, Björn. Es grenzt schon fast an einer Frechheit, dass ein Spieler der eine Serie so dominiert in Runde 1 das Feld räumen muss. Was Luka Doncic in diesen Playoffs auf das Parkett zauberte, ist schwer in Worte zu schreiben. Der Slowene befand sich besonders in den ersten beiden Vierteln jedes Spiels in einem Modus, bei dem sich unabhängig des Schwierigkeitsgrads des Wurfs, nur noch dachte: Der geht sowieso rein. Step-Back-Dreier, Fadeaways aus der Midrange, butterweiche Floater. Das offensive Ceiling von Doncic ist schlichtweg nicht zu erkennen. Pech für ihn, dass bei den Mavs sonst keiner offensiv wirklich konstant helfen wollte. In Spiel 5 war Doncic an 31!!!!!!! von 37 Field Goals mit einem Assist oder einem eigenen Korberfolg direkt beteiligt. Geht Kawhi Leonard in Spiel 6 und 7 nicht in seinen 2019er Raptors-Playoff-Modus, gewinnen die Mavs die Serie und das fast einzig allein aufgrund von Doncic. 35,7 Punkte, über 10 Vorlagen, fast 8 Rebounds im Alter von 22 Jahren. Trifft er verlässlich seine Freiwürfe, gehört er der Marke „Unstoppable“ an. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor meinem MVP der ersten Runde.
Im Osten steigen die eigentlichen NBA-Finals
Björn: Ich will keineswegs die Spannung aus den diesjährigen Playoffs nehmen, doch nüchtern betrachtet, wird der Titel bereits zwischen den Bucks und den Nets ausgemacht. Im Westen gibt es kein Team, dass diesen beiden Mannschaften das Wasser reichen kann. Beide besitzen einen Dreiklang aus Stars, die auch nur in diesem Matchup zu stoppen ist. Das beste Offensiv-Team aller Zeiten ist bestückt mit Durant, Irving und Harden. Im Normalfall kannst du diese drei nicht stoppen.
Doch die erste Runde der Playoffs hat gezeigt, dass das aktuelle Rezept für den Sieg die Iso-Plays sind. Eigentlich ein guter Plan: Gib dem Spieler, der das heißeste Händchen hat den Ball und der Sieg ist dein. Denn keine Mannschaft hat ein Rezept, um alle drei Spieler im Eins gegen Eins zu verteidigen. Außer theoretisch die Milwaukee Bucks. Giannis kann KD kalt stellen, Holiday freundet sich schnell mit Irving an und dann wird Middleton zusätzlich Harden bewachen, sollte er fit werden. Der große Vorteil: Bei Ballbesitz Bucks sind die Optionen groß, während die Defensive der Nets seine Lücken aufweist. Dieses Potential werden die Bucks noch abrufen. Im Endeffekt können nur diese Big 3 sich untereinander schlagen. Daher: Das sind die vorgezogenen NBA-Finals.
Ole: Es fällt mir sehr schwer, gegen diesen Take zu sprechen. Ich traue den Los Angeles Clippers in ihrer Form von Spiel 6 und 7 gegen Dallas einiges zu, andererseits reichte in dieser Serie schon ein unfassbarer Offensiv-Spieler, um LA ordentlich ins Wanken zu bringen. Was passiert dann erst, wenn sie auf drei Spieler von einem ähnlichen Kaliber treffen? Die Suns wären wohl der zweitheißeste Kandidat aus dem Westen, dort fehlen mir aber defensive Optionen, überhaupt zwei der All-Stars aus dem Spiel zu nehmen. Man hört es heraus – Ich gehe fest von einem Final-Einzug der Nets aus, zu gut bewies sich die Offensive. Defensiv scheint zumindest die Bereitschaft in allen Köpfen angekommen zu sein, ein Shootout gewinnt Brooklyn mit diesen Spielern auf dem Feld in 99 von 100 Fällen. Ich hoffe sehr auf die Bucks, diese Serie möglichst spannend zu machen, für mich sind die Nets aber schon jetzt der ultimative Favorit auf den Titel.
Die Clippers ziehen in die NBA Finals ein
Ole: Nach einer der unterhaltsamsten ersten Play-Off-Runden der vergangenen Jahre konnten sich die Los Angeles Clippers mit 4:3 gegen die Dallas Mavericks durchsetzen. Nun geht es in den Western Conference-Semifinals gegen die Utah Jazz. Offensiv sind die Jazz deutlich vielseitiger, haben aber dafür nicht diesen einen, alle Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Superstar. Donovan Mitchell und Rudy Gobert spielen bisher gute Playoffs, die Grizzlies sind aber auch ein anderes Niveau im Vergleich zu den Clippers. LA hat viele fähige Flügelverteidiger, mit Ivica Zubac zudem einen passenden Gegenspieler. Wird die Hürde Utah gelöst, würden sich die Clippers auch nicht, von einem auf der Guard-Position ersatzgeschwächtem Nuggets-Team, den Final-Einzug nehmen lassen. Einziger Stolperstein wären dann die Phoenix Suns. Bleibt Kawhi Leonard in seiner momentanen Form und steigert sich Paul George effizienztechnisch haben die Clippers zwei der besten drei Spieler der Serie und werden sich die Butter in diesem Jahr nicht vom Brot nehmen lassen.
Björn: Leider muss ich deinen Träumen einer ersten Finals-Teilnahme der Clippers widersprechen. Die Jazz sind alles andere als nur Kanonenfutter. Gerade weil sie nicht diesen „Ohne-mich-läuft-gar-nichts“-Spieler haben wie die Mavs. Das Team vom Salzsee kann auf einen viel tieferen Kader zurückgreifen, während die Clippers zwar einen Terminator vorweisen können, der ein solches Team aber nicht im Alleingang auslöschen kann. Sie brauchen den zweiten Star, um auch nur die Conference Finals zu erreichen.
Paul George ist dafür einfach zu inkonstant. Er hat unbestreitbare Fähigkeiten, doch er wird das nötige Niveau nicht über zwei Serien durchhalten. Eventuell reicht es für die Jazz, doch spätestens gegen das Team aus der Wüste wird es zu eng. Dafür ist die Brust der Suns zu groß.
Die Knicks waren ein One-Season-Wonder
Ole: So schön die Rückkehr der New York Knicks in die Playoffs und die damit verbundene Ekstase der Fans rund um den Madison Square Garden auch war, sollten sich die Knicks-Fans nicht an diesen Erfolg gewöhnen. In den Playoffs wurden die klaren Schwächen des Teams aufgedeckt. Julius Randle spielte eine fantastische Regular Season, ist aber keine echte erste offensive Option eines Playoffs-Teams. Die Atlanta Hawks nahmen ihm den Wurf und somit komplett aus dem Spiel. Das defensive Konzept wurde aufgedeckt, vorne fehlte die individuelle Qualität, Offensive zu kreieren. Ein Team, welches im Jahr 2021 von der Offensive von Derrick Rose abhängig ist, hat in der Postseason nichts zu sagen. Die ausgeruhten Boston Celtics und Miami Heat werden wieder angreifen, die Pacers wollen wieder in die Playoffs und auch die Toronto Raptors sind alles andere als zu vernachlässigen. Passieren in der Offseason keine großen Moves, waren die Knicks ein One-Season-Wonder.
Björn: Ich gebe dir Recht, dass die Knicks im Endeffekt nicht das Team waren, das eigentlcih auf den vierten Platz der Eastern Conference gehört. Dennoch sind sie alles andere als ein One-Season-Wonder. Was Thibodeau aus diesem Team gemacht hat, ist unglaublich – was er aus einem Team zaubert, das auch noch mehr Stars vorzuweisen hat, will ich mir gar nicht ausmalen.
Und der Kader wird sich verbessern. Diese Saison hat die Knicks aus der Rolle der Lachnummer der Liga katapultiert. Gleichzeitig haben sie einen Markt der seinesgleichen sucht. Die Stadt Knickebockers werden wieder attraktiv und das macht sie zu einem begehrten Ziel in der nächsten Free Agency. Der große Unterschied: Sie werden bedachter verpflichten.
Entscheidende Posession in Spiel 7, wem gibst du den Ball in die Hand?
Ole: Diese Frage ist sehr schwierig zu beantworten. Brauche ich unbedingt einen Punkt, möchte ich einem Spieler den Ball geben, der aus jeder Entfernung effizient abschließen kann, dieses Superstar-Merkmal haben nicht viele Spieler in der NBA. Zuerst kam mir Kawhi Leonard in den Kopf, fast schon geblendet von seinen überragenden Leistungen in der entscheidenden Phase gegen die Mavs. Von hinter der Dreierlinie ist der Wurf aber nicht überragend, sodass ich mich Schlussendlich für Kevin Durant entschieden habe. Kein anderer Spieler kann so ungestört in jeder Situation einen sauberen Wurf losbekommen, die Körpergröße gepaart mit seiner Beweglichkeit sind einzigartig in der Liga. Ob aus der Midrange oder von Downtown, Durant swished Würfe auch mit der Hand im Gesicht, er soll mein Spiel 7 entscheiden!
Björn: Eine wirklich schwierige Frage. In engen Situation vertraue ich vielen Spielern. Dazu gehören sowohl Kawhi als auch Durant. Wenn ich mich aber entscheiden muss, nehme ich eine Baller, der auch schon ein Spiel 7 entschieden hat. Da ich mich nicht an einen spielentscheidenden Wurf zum Seriensieg von KD erinnern kann, wiegen die Argumente hier zugunsten von The Claw. Ich will aber noch einen anderen Spieler ins Rennen schicken, denn Kwahi Buzzer Beater gegen die Sixers vor zwei Jahren war zwar sehr spektakulär, doch auch ein wenig glücklich. Ich will jemanden der völlig selbstverständlich sogar vom Logo den Gegner nach Hause schickt und schon während des Wurfs weiß, ich kann die Hand heben und zum Winken ansetzen. Ich tendiere zu Damian Lillard.