Seit dem 1. Juli 2021 dürfen College Athleten mit ihrem Namen, Bildern und ihrem Ruf („name, image, likeness“) Geld verdienen. Bisher war dies untersagt. Soweit haben das sicher schon recht viele College Football Fans mitbekommen. Ich möchte in diesem Artikel einmal aufarbeiten, wie es zu dieser Revolution kam, was in den ersten Tagen nach Inkrafttreten der Regelung passiert ist und wo noch Anpassungsbedarf, aufseiten der NCAA, besteht.
Der Weg zur Revolution
2014
Bisher war es College Athletes verboten neben ihrem Studium über ihr „name, image and likeness“ Geld zu verdienen. Immer wieder gab es deswegen Auseinandersetzungen zwischen Spielern und ihren Schulen, die die NCAA Regeln durchsetzen mussten. Schon 2014 verklagte Ed O’Bannon, ein ehemaliger Basketballspieler der UCLA, mit anderen, ehemaligen und zu der Zeit aktiven, College Athleten die NCAA. Die Sammelklage der Sportler widersprach der Nutzung ihrer NIL in College Basketball bzw. Football Videospielen, die die NCAA mit EA Sports herausgab ohne die Sportler, die in den Spielen, recht offensichtlich dargestellt wurden, zu entschädigen. Die Produktion der College-Sport-Videospiele wurde, nach dem ein kalifornisches Gericht den Angeklagten recht gab und befand, dass die NCAA gegen amerikanisches Wettbewerbsrecht verstieß, eingestellt.
2017
Eines der bekanntesten NIL-Konflikte, der jüngeren Vergangenheit: Ex-UCF Kicker Donald De La Haye. Während seiner aktiven Zeit an der University of Central Florida produzierte De La Haye Videos auf seinem YouTube-Kanal. Die meisten seiner damaligen Videos waren Sketche über Football Stereotypen oder Vlogs über das Leben als College Football Spieler. 2017 wurde ihm dann von seiner Universität klargemacht, dass er mit diesen Videos kein Geld mehr verdienen dürfe. Das Geld was er über monetarisierte Videos verdiente, würde durch das Ausnutzen seines Namens und seiner Funktion als College Athlet kommen und somit gegen die NIL Regeln verstoßen.
2019
Circa zwei Jahre später, im September 2019, verabschiedet der Bundesstaat Kalifornien ein Gesetz, welches es Schulen verbieten soll, Athleten dafür zu bestrafen über NIL-Aktivitäten Geld von externen Quellen anzunehmen. Das Gesetz sollte im Juni 2023 in Krafttreten.
“Imagine if in any other billion-dollar industry, like TV and movies, college students were the primary source of the talent that generated the revenue for that business and those college students were completely denied compensation, there would be a universal outcry. And yet we say it’s OK for athletes.”
Senatorin Nancy Skinner über den „Fair Play Act“, das kalifornische NIL-Gesetz.
NCAA Präsident Mark Emmert bezeichnete das Gesetz damals als „existenzielle Bedrohung“ des Amateursports. Die Amateursport-Vereinigung NCAA erwirtschaftete 2019 Einnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden $.
Das kalifornische Gesetz setzte die NCAA das erste Mal unter Druck, sich um eine einheitliche NIL-Regeländerung zu kümmern. Einen Monat nach der Verabschiedung des Gesetzes beauftragte die NCAA eine Arbeitsgruppe, die einen Vorschlag zur Modernisierung der NIL Regelungen erarbeiten sollte.
2020
Die Arbeitsgruppe legte im April 2020 ihren ersten Vorschlag, der vom NCAA Board of Governers, dem obersten Leitungsgremium der NCAA, positiv aufgenommen wird, vor. Man wolle einen formellen Vorschlag Ende des Jahres 2020 einreichen und ihn im Januar 2021 zur Abstimmung bringen.
The NCAA’s top governing body said […] that it supports a proposal to allow college athletes to sign endorsement contracts and receive payment for other work, provided that the schools they attend are not involved in any of the payments.
Aus einem ESPN Artikel vom 29.4.2020
Außerdem stellte Präsident Emmert im Jahr 2020 wohl mehrmals eine Anfrage an die Legislative der USA, ein bundesweites Gesetz zu beschließen, welches Alleingänge von einzelnen Bundesstaaten und einen Flickenteppich der NIL-Regelungen verhindern soll. Die Coronapandemie und die Präsidentschaftswahl in den USA machten ein schnelles Eingreifen der bundesweiten Legislative jedoch schwierig.
Im Juni 2020 verabschiedete der Bundesstaat Florida ein Gesetz, welches es Athleten ermöglicht mit NIL Geld zu verdienen. Es soll am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Der Zeitraum für eine Entscheidung der NCAA wird enger. Die Deadline lag jetzt nicht mehr bei 2023, sondern schon im Juli 2021.
2021
Auf unserem Zeitstrahl kommen wir nun im Januar 2021 an. Eigentlich wollte die NCAA über die, im April 2020, vorgeschlagene Regeländerung abstimmen. Das Voting wird aber verschoben. Auf Anmerkung des Justizministeriums wolle man noch auf weitere Informationen und bundesweite Gesetze warten. Die Deadline am ersten Juli rückt näher.
Mit Voranschreiten der Zeit wird klar, dass es, vor dem 1. Juli, kein bundesweites Gesetz geben wird.
Am 30. Juni entscheidet das NCAA Board of Directors, dass die bestehenden NIL-Regeln, als Übergangslösung, vorerst ausgesetzt werden. Spieler haben nun die Möglichkeit über NIL Geld zu verdienen. Die NCAA arbeitet weiterhin mit dem amerikanischen Kongress, um eine bundesweite juristische Grundlage zu schaffen.
Was besagt die neue Regelung der NCAA genau?
Schauen wir uns den offiziellen Press-Release der NCAA mal genauer an.
- Student Athletes dürfen in NIL-Aktivitäten teilnehmen, die mit den Gesetzen der Bundestaaten, in der sich ihr College befindet, vereinbar sind.
- Student Athletes die an einem College sind, welches sich in einem Bundesstaat befindet, welches kein NIL-Gesetz hat, dürfen an NIL Aktivitäten teilnehmen und verletzen damit keine NCAA Regeln.
- Student Athletes dürfen sich an einen „professional service provider for NIL activities“ wenden. Also beispielsweise an Agenturen, die Werbetreibende mit Athleten in Kontakt bringen.
- Alle Student Athletes sollten NIL Aktivitäten ihrem College melden.
Die von der NCAA aufgestellten Regeln sind also sehr vage. Viele Schulen und Staaten haben mittlerweile untersagt Werbung für Alkohol, Tabak oder Sportwetten zu machen oder für Firmen die Konkurrenten von Unternehmen sind, mit denen die Schule Werbe-Deals abgeschlossen hat. Wenn College A, beispielsweise von Adidas ausgerüstet wird, wäre es sinnvoll zu sagen, dass die Studenten keine Werbung mit Nike machen sollen. Das Nutzen der Logos und der Facilities der Schule ist auch von College zu College unterschiedlich geregelt.
Die angepassten NCAA Regeln verbieten auch nicht, dass Athleten Geld von Boostern bekommen. Einzig „pay-for-play“ ist immer noch untersagt.
Was bisher passierte
Tatsächlich haben relativ schnell nach Beginn des NIL Zeitalters am 1. Juli direkt viele lokale Unternehmen einfache Werbedeals mit Spielern abgeschlossen. Ob Umzugsunternehmen oder lokal vertretene Fast-Food-Ketten. Alles war dabei.
Auch eine Entwicklung, die man in den ersten Tagen recht oft beobachten konnte: Spieler haben sich persönliche Logos erstellen lassen. Das kennt der ein oder andere Fan schon von Spielern in den Profiligen.
Mit diesen Logos haben viele Spieler sogar eigenes Merchandise rausgebracht. Merch ist auch bei Influencern und YouTubern ein beliebtes Mittel Geld zu verdienen. Durch einfach zu nutzende Print-on-Demand Services muss man sich um kein Lager voll mit T-Shirts kümmern, sondern immer nur einen Teil des Verkaufspreises an den Service Anbieter abtreten, der sich dann um Druck und Versand kümmert.
Oklahomas QB und Heisman Favorit Spencer Rattler gibts als einer der ersten Spieler bekannt, dass er einen Teil seiner NIL-Einnahmen spenden wird.
Auf wirklich große Deals mit (multi-)nationalen Brands werden wir wohl noch etwas warten müssen.
Meinungen der „The CrunchTime“-Autoren
Robert:
Die ersten Schritte in ein Zeitalter des finanziell faireren College Sports wurden gegangen. Ich hoffe aber, dass die NCAA bzw. ein Bundesgesetz die verbleibenden Schwachstellen ausbügelt. Im Moment dürfen ausländische Student Athletes kein Geld durch NIL Aktivitäten verdienen, weil es durch ihre Visa-Regelungen untersagt wird. Mehr dazu könnt ihr übrigens auch in der neuen Folge des CFB Germany Podcasts hören in der ich mit Silvio, Nouredin Nouili einen deutschen O-Liner von Nebraska, interviewe. Für dieses Problem könnte ein Bundesgesetz eine Lösung finden.
Ich fände es außerdem interessant darüber nachzudenken, ob man nicht die Menge an Geld, die von einem Booster oder seinem Unternehmen an Athleten seiner Alma Mater gezahlt wird irgendwie deckeln könnte. Nach der aktuellen Situation haben, meiner Meinung nach, Schulen mit einem großen bzw. reichen Booster-Konstrukt im Hintergrund einen Recruiting-Vorteil.
Auch der Umgang mit Logos und Facilities kann im Moment noch ein Recruiting Vor- oder Nachteil werden. Der Staat Texas hat ein Gesetz verabschiedet, welches es College Athleten verbietet die Logos und Facilities ihrer Colleges in NIL Deals zu verwenden. Louisianas Landesgesetz hingegen, verbietet dies nicht. Ein Sportler an der LSU müsste nur sein Athletic Department darüber informieren, dass er das Logo der Tigers nutzen möchte. Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier ein Bundesgesetz die Unterschiede ausgleichen könnte.
Der erste Schritt in die richtige Richtung ist getan und ich hoffe jetzt, dass in der nahen Zukunft allgemeingültige Gesetze oder Regeln verabschiedet werden, die das Spielfeld der Sportlervergütung auch möglichst ausgeglichen gestalten.
Sam:
Ich bin nicht wirklich tief im Thema drin, allerdings finde ich es MEGA gut, dass die Sportler nun wenigstens mit ihrem Namen Geld verdienen dürfen! Völlig richtig, vor ein paar Jahren gab es einen Footballspieler, der via YouTube Content hätte Geld verdienen dürfen und dann seine Footballkarriere an den Nagel hängen musste nur, um ein bisschen Profit zu generieren. Das ist nun zum Glück endlich Geschichte und die Spieler bekommen ihre wohlverdiente Möglichkeit mit eigenem Marketing, Kontakten und Social Media ihre „Brand“ in Geld umzuwandeln.
Das Positivste daran ist, dass es kein Ungleichgewicht geben muss. Die Universitäten bezahlen nach wie vor kein Geld an die Spieler direkt und so wird es auch keine Kluft zwischen Finanzstarken Unis und eher schwächeren Programmen geben. Daher wird sich das Recruiting wohl nur minimal in eine Richtung verschieben.
Dazu glaube ich nicht das wir Angst haben müssen, dass Spieler ihren Fokus aufs Training etc. verlieren werden, denn wie überall werden nur eine handvoll Spieler richtig viel Geld machen. Falls es den meisten Stars der Teams aber gelingen soll ihre Collegezeit immerhin auf unabhängiger finanzieller Basis zu erleben, würde mich das sehr freuen. Es kann nicht sein, dass es nach wie vor Spieler gibt, die das Geld in der NFL riechen, dann ohne Abschluss in den Draft gehen und dann nicht gepickt werden. Ich denke, dass man in diese Richtung wieder eine zurückgehende Tendenz sieht und der Abschluss wieder an Wert gelingt.
Und NCAA Football für die Spielekonsolen ist ebenfalls wieder realistisch und da wird wohl erst recht keiner ein Problem damit haben.
Stefan:
Generell sehe ich in der NIL eine tolle Möglichkeit für viele junge College Sportler. Dabei ist es egal, ob es Football, Baseball oder ein anderer Sport ist. Meiner Meinung nach muss man sich immer wieder in das Gedächtnis rufen, dass Colleges wahnsinnig viel Geld mit den Spielern und Sportlern verdienen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass die Sportler kostenlos Bildung an Top-Universitäten erhalten. In Amerika nehmen sehr viele junge Studenten Kredite auf, um ihre Bildung zu finanzieren. Diese Last wird den Sportlern natürlich entlassen. Dennoch sind die Gewinne, die die Unis mit den Namen, Bilder der Sportler machen höher als die Kosten für die Bildung.
Man muss hierbei auch bedenken, dass nur ein Bruchteil der Athleten es schafft, in den Profibereich zu kommen und dort auch langfristig erfolgreich zu sein und somit auch Geld zu verdienen. Somit besteht auch in der NIL eine Möglichkeit für die Sportler sich eine finanzielle Zukunft neben den Sport aufzubauen.
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