Es ist soweit, eine neue PPV Veranstaltung der UFC steht unmittelbar bevor. Dieses Event bietet in der Tiefe zwar deutlich weniger Spektakel, dafür haben es die beiden Hauptkämpfe aber richtig in sich.
Co-Main Event: Reyes vs. Blachowicz
Im Halbschwergewicht erwartet uns der erste Titelfight zwischen zwei Kämpfern, die weder Jon Jones noch Daniel Cormier heißen, seit dem 24.09.2011. Purer Wahnsinn, dass der Titel seit diesem Tag entweder von Jon Jones oder Daniel Cormier getragen wurde. Eigentlich hatte Jon Jones den Titelanspruch durchgehend, allerdings hatte er einige Probleme, quasi Off-Cage Issues, die ihm den Titel am 28.04.2015 wegnahmen und bis zu seinem Kampf gegen Ovince Saint Preux 2016 an Daniel Cormier übergaben. Seither ist Jones der einzige Champion im Halbschwergewicht und hat ihn vor einigen Wochen wieder offiziell abgelegt.
„A new era“ is coming und das Halbschwergewicht wird einen neuen Champion küren. Dominic Reyes, welcher Jon Jones als Letzter gefordert hat, bekommt den Titleshot als Erstes und wird auf den MMA Veteranen aus Polen, Jan Blachowicz, treffen. Ein Kampf der durchaus spannend werden dürfte, denn obwohl der Pole deutlich mehr Erfahrung mitbringt (34 Kämpfe) als Reyes (13 Kämpfe), konnte Reyes in seinem letzten Kampf gegen Jones mehr als deutlich zeigen, warum ihm dieser Titel eigentlich gehört. Damals sah ich das Urteil als Fehlentscheidung und diese Ansicht teile ich auch heute noch. Klar hat Jones am Ende etwas aufgedreht, aber zumindest die ersten zwei, meiner Meinung nach, auch drei Runden gingen an Reyes.
Man könnte das auch als „Karma“ bezeichnen, dass er den Kampf damals verloren hat, denn im März 2019 hatte er ebenfalls einen sehr umstrittenen Split Decision Sieg gegen Volkan Oezdemir, den ich damals an den Schweizer gegeben hätte.
Nichtsdestotrotz, mag ich Reyes und gönne ihm den Titleshot und die Möglichkeit sich als Champion zu kühren. Der ehemalige College Football Spieler, der auf FCS Level ein sehr guter Linebacker war und dann in der Canadian Football League nur nicht gespielt hat, weil die Liga zu wenig stark war, könnte sich nun den Traum des Profisport-Champion erfüllen. Seine Stärken, liegen, obwohl er High School Wrestler war, auf dem Standkampf. Seine Boxskills sind richtig stark und er kann sowohl in der Offense als auch in der Defense jedem Gegner unangenehm werden. Unvergessen bleibt sein Knockout Punch gegen Chris Weidman und sein Sieg gegen Jarred Cannonier. Die Knockout Power bringt er jedenfalls eindrücklich mit.
Was ich an seinem Skillset etwas vermisse, sind seine Wrestling Skills, die ich für overhyped halte. Natürlich ist er ein guter Wrestler und hat eine Takedown Defense von 82%. Sein offensives Ringen fehlt mir aber und spiegelt sich in seiner Takedown Offense wieder, nur gerade mal 16% seiner Takedown Versuche in der UFC fanden den Weg auf den Boden, dass ist mega schwach, wenn man bedenkt, dass er kaum Leute mit starkem Wrestling Background gekämpft hat (Jones mal ausgenommen). Die Stärken im Stand liegen auf den Bodyshots aus der Distanz, Reyes schafft es wie kein anderer die Distanz zu schliessen und auf den Körper des Gegners zu punchen.
Sein Kontrahent aus Polen hat sich quasi aus dem Nichts diesen Titelkampf verdient. Nach seiner überraschenden Knockout-Niederlage im Februar 2019, kämpfte er sich eindrücklich mit Wins gegen Rockhold, Souza und Anderson zurück und darf sich nun Hoffnungen auf den Titel machen. Vor seiner Niederlage gegen Santos war „Broly“ auf einer 4-0 Streak und hat somit sieben seiner letzten acht Kämpfe gewinnen können.
Er kennt die Champion Rounds und musste diese gegen Souza bereits gehen, zudem kennt er auch die Championship Kämpfe, denn er war bei KSW bereits in fünf Titelkämpfe involviert. Als Veteran kennt er den MMA Sport sehr gut und ist als BJJ Black Belt, High Elite Wrestler und guter Striker das Gesamtpaket welches man sich von einem Champion wünscht. Sein Kampfstil ist für den neutralen Beobachter sehenswert, so landet er 3.45 Significant Strikes pro Minute, er versucht den Takedown 1.16 mal pro 15 Minuten und holt seine Gegner in 52% der Versuche auf den Boden. Seine Takedown Defense liegt dagegen bei 65% und am Boden konnte er bisher neun Submission Wins holen.
Eine durchaus interessante Paarung bei welcher man nicht sagen kann wer das Duell für sich entscheidet. Der Kampf ist ein wenig in den Hintergrund gerückt, aufgrund des Main Events, ABER ich empfehle euch allen diesen Fight zu schauen. Eine sehr enge Partie, welche wohl im Stand entschieden wird. Ich hoffe aber das Blachowicz sein Ringen einsetzt und die Groundskills von Reyes testet, denn Reyes musste sich am Boden noch nie wirklich beweisen und könnte gegen einen Black Belt seine Probleme haben. Reyes trägt nur einen blauen Gurt in BJJ.
Main Event: Adesanya vs. Costa
Ich mag Adesanya nicht! Neutrale Berichterstattung sieht anders aus aber es ist nun mal ein Fakt.
Das heißt aber nicht, dass er ein schlechter Kämpfer ist, im Gegenteil sogar. Rein objektiv betrachtet ist der ehemalige Kickboxer (80 Profikämpfe) und Boxer (6 Profikämpfer) einer, wenn nicht der beste Striker der UFC. Seine Bewegungen sind unglaublich schnell, smooth und attraktiv anzusehen und seine Knockouts gegen Whittaker und Brunson unvergesslich. Auch seine Schlachten gegen Gastelum und Silva waren ein Genuss, aber alles in allem sehe ich keinen kompletten MMA Profi in ihm. Natürlich ist er als Striker nicht gewillt das Groundgame von Grund auf zu erlernen und es auf ein High Level zu bringen, für mich gehört aber genau das zur Faszination MMA dazu. Grappling ist nunmal ein Drittel dieses Sports. Das Adesanya nicht auf den Boden will. zeigt die wohl beste Takedown Defense Gewichtsklassen übergreifend. Er konnte 86% der Takedown Versuche seiner Gegner abwenden und auf den Beinen bleiben. Auch bei Takedowns, die er nicht abwehren konnte, war der Neuseeländer mit nigerianischen Wurzeln immer wieder schnell auf den Beinen.
Adesanya versteht es sich zudem wie kein anderer als Counterpuncher und braucht nur wenige Schläge um einen Kampf zu entscheiden, siehe den Kampf gegen Whittaker. Das dies auch ein Problem sein kann hat man aber in seinem letzten Kampf gegen Romero gesehen, zwei Counterpuncher gegeneinander – gääähn.
Zum Glück darf man davon nicht ausgehen wenn Costa in den Ring steigt. Costa kann quasi auf den ersten Blick nur eins: Schlagen, schlagen, schlagen. Ein Mann, wie von Gott persönlich trainiert mit einem Körper, wie Adonis ihn nicht mal zu erträumen mag und einer großem Fresse, wie selbst McGregor sie nicht hat. Der Brasilianer steigt mit einer 13-0 Bilanz in das Oktagon, um den Titel nach Brasilien zu holen. Borrachinha, was auf Deutsch soviel wie Radiergummi bedeutet und der Spitzname von Costa ist, könnte kaum passender sein, denn Costa ist eine echte Wucht im Käfig. Er wiegt normalerweise 100 Kilogramm pure Muskelmasse und schlägt pro Minute 8.43 Significant Strikes und absorbiert 6.84 im Gegenzug. Spektakel pur also.
Viele Kritiker bezweifeln das Costa zur Elite gehört und argumentieren damit, dass er kaum namhafte Gegner besiegt hat. Dennoch konnte Costa sowohl Romero, Hall als auch Hendricks besiegen und hat vier seiner fünf UFC Kämpfe per Knockout in jeweils maximal zwei Runden für sich entschieden. Auch gegen Romero wäre der Knockout die logische Folge gewesen, wenn der Gegner eben nicht Romero geheißen hätte. Dazu hat Costa eine ordentliche Takedown Defense (80%), welche gegen Adesanya (0 Takedown Versuche) aber sowiso nicht gefragt sein wird. Costa hat in der UFC noch nie einen Takedown versucht und sich jeweils auf sein Striking verlassen.
Beim Weigh-In hat er aber zum ersten mal BJJ Referenzen mit einfliessen lassen und Adesanya einen White-Belt überreicht. Eine klare Provokation, da Costa selbst ein Black Belt ist. Ob er Adesanya submitten will? 11 Knockouts, 1 Submission und eine Decision in seinem Resume sprechen ehrlich gesagt eine andere Sprache und das macht mir als Costa Fan ein wenig Sorgen, denn Costa ist genau das was Adesanya will – ein Kämpfer, der nach vorne geht und offensiv agiert. Einer für den ein richtiger Schlag reichen kann, um den Kampf zu entscheiden. Allerdings ist Costa nicht, wie die üblichen aggressiv nach vorne gehenden Boxer, er hat einfach eine unglaubliche Power, die quasi in einem Do-or-die Fightstyle mündet, denn Costa powert sich schnell mal aus und hatte bereits in seinem drei Runden Kampf gegen Romero Cardioprobleme, kaum auszudenken, wie das in den Championrounds gegen Adesanya aussehen mag.
Klar ist, Adesanya ist der Favorit und kämpft bereits den 4. Titelkampf seiner Karriere und Costa ist da für die Unterhaltung und das Spektakel.
19-0 gegen 13-0, eine Siegesserie wird reißen. Am Sonntag Morgen wissen wir es dann endlich. Dies sollte einer der besten Kämpfe des Jahres, zumindest auf dem Papier, sein
Die restlichen Kämpfe
Wirklich viel gibt die Karte nicht her. Ein spannendes Matchup dürfte aber Dawodu gegen Tukhugov sein. Muay-Thai gegen Ringen, ein Kanadier gegen einen Tschetschenen, durchaus etwas was es sich zu anschauen lohnt. Dazu kämpft Kai Kara-France aus dem City Kickboxing Gym (u.a. Gym von Volkanovski) gegen Brandon Royval, der erst seinen zweiten Kampf in der UFC machen wird. Kara-France könnte ein Prospect für die Spitze der Flyweight Division sein.
Frauenpower gibt es im Kampf zwischen Sijara Eubanks, welche erst vor wenigen Tagen gekämpft hat und als Ersatzgegnerin einspringt, und Ketlen Vieira. Beide Kämpferinnen sind Black Belts und könnten für Spektakel auf dem Boden sorgen. Auf der Undercard gibts kaum gute Kämpfer, mit Juan Espino hat man aber immerhin ein wenig Heavyweight Power, die es zu betrachten gibt. Espino (9-1) wird auf Jeff Hughes treffen, der bereits ums überleben in der UFC kämpft, nachdem er seine ersten drei Kämpfe in der UFC mit einer Bilanz von 0-2-1 abschloss.