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CrunchTimeOut: Philadelphia 76ers – Ein ernstzunehmender Titelkandidat?

Lesedauer: 4 Min
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Die Philadelphia 76ers starten beeindruckend in die neue Saison. Doc Rivers scheint die richtigen Fäden zu ziehen und auch die Neuzugänge scheinen zu punkten. Doch wie ernst sollte man die Sixers nehmen? Sind sie wirklich ein Kandidat für den Titel? Ist das eine Overreaction? Ole und Björn sind sich mal wieder uneinig und versuchen ihre Standpunkte klarzustellen. Zeit für ein CrunchTimeOut.

Björn: Die Sixers werden dieses Jahr Meister!

Philadelphia hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder als Sorgenkind herauskristallisiert. Trust the Process war weniger ein Versprechen als eine Ausrede für frühes Ausscheiden in den Playoffs oder desolate Kader-Zusammenstellungen. Doch dieses Jahr ist alles anders. Ich will den Start der Sixers gar nicht überbewerten, denn das Startprogramm war alles andere als ein harter Brocken. Dennoch spricht viel dafür, dass dieses Jahr ein Championship Run erfolgreich sein wird, denn Probleme aus den vergangen Jahren sind behoben. Und selbst mit den Schwierigkeiten waren sie schon immer ein Geheimfavorit.

Grund 1: Simmons braucht keinen guten Wurf

Anfangen möchte ich mit Ben Simmons. Mir ist bewusst, dass der Australier niemals ein guter Schütze werden wird (auch wenn er diese Saison bereits einen (!) Dreier getroffen hat). Das ist aber auch überhaupt nicht notwendig. Viel wichtiger ist sein elitäres Defensivspiel und seine Anpassungsfähigkeit. Er wird viel zu sehr auf sein Scoring reduziert, was in dieser Saison mit 12,5 Punkten pro Spiel zwar nach unten geht, doch damit kompensiert wird, dass er sich in den Dienst der Mannschaft stellt.

In jedem Spiel kratzt er an einem Triple Double und zieht mit seiner Geschwindigkeit viel Aufmerksamkeit. Dadurch verschafft er dem Rest seines Teams Raum. Diese Einstellung unterscheidet ihn beispielsweise von einem James Harden, weswegen ich einem Trade sehr ablehnend gegenüberstehe. Für Simmons ist es nicht wichtig, auf dem Scoreboard zu glänzen, sondern am Ende mehr Punkte auf Seiten Philadelphias stehen zu haben. Das macht er, indem er die Last auf viele Schultern verteilt.

Grund 2: Die richtigen Schrauben gezogen

Das führt zum nächsten behobenen Problem: Der Kader wurde sinnvoll verbessert. Al Horford passte nicht in das System und Richardson konnte das Dreier-Dilemma nicht lösen. Dafür steht nun mit Seth Curry ein Schütze auf dem Court, der zusammen mit Danny Green das Spiel enorm breit macht.

Besonders Curry hatte einen brandheißen Start in die Saison und trifft den Wurf von außen nach Belieben. Es reicht allerdings nicht nur gut zu treffen. Er kann zudem auch Simmons im Aufbau entlasten, sowie ein Doppeln gegen Embiid sinnlos aussehen lassen, wenn dadurch Räume für ihn oder Green entstehen. Zu den Waffen zähle ich auch einen Tobias Harris, der zwar keine Mörderzahlen auflegt, aber durchaus besser in das System von Doc Rivers als in das von Brett Brown passt. Die Sixers sind von einer Two-Man-Show zu einer ausgeglichenen Mannschaft gereift mit vielen Waffen, auf die man an schlechten Tagen der Superstars zurückgreifen kann.

Grund 3: Ausfallmisere als Chance

Die Argumente eines breiten Kaders werden aktuell durch einen verdünnten Kader zunichte gemacht, bedingt durch eine Corona-Erkrankung Seth Currys. Das würde ich in diesem Fall aber als eine Chance für die Sixers bewerten. Durch die große Anzahl an Ausfällen sind es die Rookies, die nun Verantwortung übernehmen können. Allen voran zeigt Maxey, dass er durchaus der große Steal des diesjährigen Drafts gewesen sein könnte.

Auch wenn er in Zukunft nicht mehr diese Freiheit in der Wurfauswahl bekommen wird, wie gegen die Nuggets, als er auf 39 Punkte kam, zeigt seine defensive Arbeit und seine solide Wurfauswahl, dass er bereit für die NBA ist. Zudem können aktuell auch Joe und Mathias wertvolle Erfahrung sammeln, um bei möglichen Verletzungen im Kader reliable Optionen zu werden.

Die Sixers sind gewappnet. Anders als in den vergangenen Jahren sind die Optionen in der Offensive nicht auf zwei Spieler begrenzt. In der ersten Fünf kann praktisch jeder das Spiel an sich reißen und die Optionen auf der Bank sammeln wertvolle Erfahrungen. Jeder weiß seine Rolle auszufüllen. In der Eastern Conference sind sie für mich der große Favorit. Auch gegen die Lakers können sowohl Davis von Embiid als auch LeBron von Simmons verteidigt werden, sodass der Titel in meinen Augen dieses Jahr drin ist. Der Prozess findet in diesem Jahr sein erfolgreiches Ende.

Ole: Darum werden die 76ers nicht NBA-Champion!

Grund 1: Der bisher leichte Schedule 

Die 76ers stehen 8-4 sind damit ganz oben in der Eastern Conference dabei. Joel Embiid ist eine Maschine unter dem Korb, offensiv wie defensiv, Seth Curry trifft jeden Dreier und allgemein jeden Wurf. Klingt erstmal alles super in Philly, doch gegen wen holte man diese acht Siege denn eigentlich. Zwei Siege jeweils gegen die Hornets und Wizards. Charlotte steht zwar momentan in der Top Acht, doch das wird nicht lange dabei bleiben. Washington startete unfassbar schlecht in die Saison und kam besonders defensiv überhaupt nicht in Trab.

Weitere Siege gab es gegen die Knicks, Toronto und Corona-ersatzgeschwächte Miami Heat. Das sind entweder alles Teams, welche am Ende um die Lottery Picks spielen (Knicks, Hornets) oder extrem schwach in die Saison gestartet (Wizards, Raptors). Dann soll den super Start nicht schmälern, aber gegen Playoff-Teams wie die Nets oder Nuggets setzte es Niederlagen. Die 76ers sehen bisher gut aus, dieser Eindruck muss sich erstmal gegen die richtig guten Teams bewahrheiten. 

Grund 2: Ben Simmons kann (oder will?) immer noch nicht werfen 

Der Satz sagt eigentlich schon alles aus. 50% seiner Dreier trifft Simmons, bei insgesamt zwei Attempts über die Saison hinweg ist da die geringe Stichprobe sicherlich zu beachten. In den allbekannten Offseason-Trainingsvideos trifft der Australier zwar schon eine Menge Dreier und wird von NBA-Fans gerne mal zum neuen Shooter hochgejubelt. Das Problem: Er probiert die Würfe nicht mal. Gegner müssen seinen Wurf zu keinem Prozent respektieren, weil längere Würfe bisher zweimal über neun Spiele probiert wurden.

Die Zone kann trotz des bisherigen guten Spacing durch Curry, Tobias Harris und Danny Green immer noch recht gut zugestellt werden, besonders von guten Defensiven in den Playoffs. Das macht die Räume für Simmons zu als auch für Embiid, die beide lieber in der Nähe des Korbs finishen. In der Regular Season wird das durch Simmons hohen Basketball-IQ und dem enormen Spielverständnis nicht zwangsweise zum Problem, in den Matchup-orientierten Playoffs sieht das anders aus. 

Grund 3: Wenig konstantes Scoring von der Bank

Von der Bank kommen bei Philly zumeist Tyrese Maxey, Shake Milton und Mike Scott viele Minuten, dazu kommen zumeist Matisse Thybulle und Dwight Howard. Das ist sicherlich individuell kein schlechtes Bank-LineUp, die große Frage bei einem Championship-Team: Wer liefert dir konstantes Scoring?

Shake Milton sieht mit knapp 14 Punkten im Schnitt nach dem 6th Man der 76ers aus, bei ihm wechseln sich jedoch besonders in den Quoten Licht und Schatten ab. Besonders der Dreier wackelt bei 27.5% noch gewaltig. Tyrese Maxey zeigt noch typische Rookie-Schwankungen, dem 20-Jährigen wird man in Philly nicht die ganze Last auf die Schultern legen. Thybulle überzeugt defensiv, kann aber offensiv ebenso wenig seinen eigenen Wurf kreieren, wie Routinier Dwight Howard, für den grundsätzliches ähnliches gilt. Das Scoring von der Bank könnte ein Problem für die 76ers werden.

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Bjoern
Schreiben ist mein Hobby, die NBA meine Leidenschaft. Wenn Basketball läuft, sind schlaflose Nächte vorprogrammiert. Ich versuche euch, so gut es geht, meine Meinungen, Analysen und Berichte zu präsentieren, die aus Sicht eines Fans interessante Einblicke bieten.

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