Der Draft ist vorbei, die online Meetings der Saisonvorbereitung der Teams kommen ins Rollen und hunderte Rookies hoffen auf eine Starterrolle in der NFL.
So auch die neun Spieler der Jets Draft Class. Ganz oben auf der Prioritätenliste von Joe Douglas (GM der Jets) stand dieses Jahr die Offense. Im speziellen sollte die letztes Jahr historisch schlechte O-Line verstärkt werden.
Größte Needs: Offensive Tackle, Wide Receiver, Pass Rush, Cornerback
Pick 11 Mekhi Becton, Offensive Tackle, Louisville
Mit einer Körpergröße von 6’7 (ca. 2,01m) und einem Gewicht von 364lbs (ca. 165kg) bringt Mekhi „Mount“ Becton gewaltige Maße mit nach New York. Bereits beim NFL Combine im Februar stellte der O-Lineman seine Athletik unter Beweis. Noch nie ist ein Spieler seiner Gewichtsklasse die 40 Yard schneller gelaufen als er (5,1 Sekunden).
Nach mehrern Career-Lows von Star-Runningback Le’Veon Bell war klar, dass das Frontoffice der Gang Green an den Stellschrauben der rushing Attack drehen muss. Becton war bei Louisville ein ausgezeichneter Runblocker und sicherte sich letzte Saison einen Platz im First-Team All-ACC. Als „red Flags“ nennen Scouts bei ihm vor allem den teilweise eher schlechten Passblock. Letztes Jahr hatte er nicht einmal 100 reine Passblock Sets und bei denen die er hatte sah er nicht immer wie ein souveräner erstrunden Pick aus. Auch sein Gewicht kann in der NFL zu einem Problem werden, wenn er als Profi keinen konsequenten Ernährungsplan befolgt. Entwarnung kann ich zu diesem Punkt insofern geben, dass Becton leidenschaftlich gern kocht und deswegen als Profi normalerweise auf Fast-Food verzichten wird.
Becton war der Tackle mit dem größten Potenzial aber auch dem größten Risiko im Draft. Um das rushing Game in New York zu verbessern und Bell wieder zu alter Stärke zu verhelfen war er vermutlich der richtige Pick an Stelle 11
Spieler die an Stelle 11 noch auf dem Board waren: Wirfs, Lamb, Jeudy, Ruggs, Chaisson
Pick 59 Denzel Mims, Wide Receiver, Baylor
Gegen jede Erwartung fiel der 1,90m große Receiver bis tief in die zweite Runde. Douglas adressierte an Stelle 59 den Need nach einem neuen Nummer eins Receiver, nachdem Robby Anderson sich nach Carolina verabschiedete. Der bereits 22-jährige lieferte letztes Jahr in seiner Senior Season bei Baylor stark ab. Er fing zwölf Touchdowns (zwei mehr als Jeudy) bei 66 Receptions und 1020 Receiving Yards. Er besitzt nicht nur die Maße um ein X-Receiver in der NFL zu werden, sondern auch den nötigen Speed (4,38 40-yard Dash). Größter Schwachpunkt von Mims sind seine Fähigkeiten als Routerunner.
Allein die Tatsache, dass Mims an Stelle 59 des Drafts noch zu haben war macht ihn zu einem Steal für die New York Jets.
Spieler die an Stelle 59 noch auf dem Board waren: Fulton, Okwara, Baun, Hennessy
Pick 68 Ashtyn Davis, Safety, California
Überraschend für mich entschied sich das Fronoffice der Jets an Stelle 68 für Ashtyn Davis. Davis kam als Track and Field Athlete an die University of California und startete seine Footballkarriere als Walk-On. 2017 war er PAC-12 Champions in 110 Meter Hürden und 2018 dritter über 60 Meter Hürden bei den nationalen outdoor Meisterschaften. Alles in allem überzeugt Davis mit seiner nachweislich enormen Athletik und Schnelligkeit. Er ist ein wenig der Isaiah Simmons für Arme. Bei Cal kam er sowohl als Safety als auch als Cornerback und als Returner in den Special Teams zum Einsatz. Er war während seiner Collegekarriere einmal ein honorable mention und einmal second-team all Conference Pick.
Gregg Williams (DC der Jets) wird bei dieser Auswahl ein entscheidenes Wörtchen mitgeredet haben. Davis wird in der kommenden Saison vorwiegend als Backup hinter Maye und Adams fungieren, kann aber auch die Cornerbackposition verstärken. Als Returner wird er eine wichtige Rolle einnehmen werden.
Kein zwingender Need Pick aber auf Grund seiner Vielseitigkeit in einer Defense trotzdem nachvollziehbar.
Spieler die an Stelle 68 noch auf dem Board waren: Baun, Hennessy, Cushenberry
Pick 79 Jabari Zuniga, Defensive End, Florida
Trotz einer verletzungsanfälligen Karriere bei Florida war Zuniga immer ein wichtiger Bestandteil der Gators Defense. In 37 Spielen kam er allerdings auf lediglich 18,5 Sacks. Wenn er gesund bleibt, kann er wahrscheinlich um einen Startingjob kämpfen. Ansonsten ist Zuniga ein solider Value Pick in Runde 3 mit dem man nicht viel falsch machen kann. Ob er in einer 3-4 Defense welche Williams in New York spielen lässt, als klassischer outside Linebacker geeignet ist, muss er erst noch unter Beweis stellen. Vermutlich wird er inside als four oder five Technique Defensive End spielen.
Spieler die an an Stelle 79 noch auf dem Board waren: Cushenberry, Biadasz, Anae
Pick 120 La’Mical Perine, Running Back, Florida
Marcus Maye und Brian Poole warden sich freuen, denn mit Perine kommt ein weiterer ehemaliger Florida Gator an den One Jets Drive. Runningback war im Vorfeld kein wirklich großer Need, die rushing Unit im Allgemeinen schon eher. Die ganze Oline der Jets wurde rundum erneuert und nun bekommt Star-Runningback noch einen weiteren Mann in sein Backfield gestellt. Perine ist ein physischer, harter Läufer. Beim Combine Zeit hatte er sowohl eine relativ langsame 40 Yard Zeit (4,62) als auch eine schwache Zeit beim three cone drill (7,13). Die 225lbs drückte er allerdings souveräne 22 Mal. New York werden mit Perine und Bell eher weniger eine zweiköpfige rushing Attack bilden wollen, allein auch weil Bell viel zu viel Geld als kostet dass man ihm nicht mindestens 70% der Carries gibt. Perine wird aber dennoch in spielentscheidenden Situationen zum Einsatz kommen. In Goalline und short yardage Situationen werden wir ihn nächstes Jahr wohl hauptsächlich sehen. Trotzdem kann es durchaus mal vorkommen, dass er als Passempfänger aus dem Backfield zum Einsatz kommt. Bei Florida hatte er in seiner letzten Saison 40 Catches, 262 gefangene Yards und fünf receiving Touchdowns, was ihn zu einem der Top-Receiver seines Teams machte.
Spieler die an Stelle 120 noch auf dem Board waren: Eason, Biadasz, Weaver
Pick 125 James Morgan, Quaterback, Florida International
Vor allem in seinen letzten zwei Jahren am College konnte Morgan überzeugen. Nach seinem sophomore Jahr transferierte er zu Florida International und lieferte in 24 Spielen 40 Touchdowns bei nur 12 Interceptions. Bei den Jets soll er dem eher dünn besetzten QB Room mehr tiefe bringen. Vor dem Draft waren lediglich Starter Sam Darnold und Backup David Fales bei den Jets unter Vertrag. In meinen Augen wäre Jake Fromm vermutlich die bessere Backupoption für Darnold gewesen als James Morgan, dennoch kann man aufgrund seiner Zeit bei FIU auf solide Leistungen von ihm hoffen.
Spieler die an Stelle 125 noch auf dem Board waren: Robertson, Fromm
Pick 129 Cameron Clark, Tackle, Charlotte
„My brother!!!!“ kommentierte Mekhi Becton den 129. Pick um Cameron Clark auf Twitter. Schon zu College Zeiten trainierten die beiden O-Linemen zusammen und sind seit jeher gute Freunde. Clark bringt nicht nur Chemistry in den Jets Locker Room sondern auch Leadership. Bei Charlotte war er 2017 der offense Team MVP, sehr ungewöhnlich für einen O-Liner. Außerdem war er langjähriger Team Captain, wie übrigens einige Spieler der Jets Draft Class. Aufgrund der, zwar mittlerweile deutlich besseren, aber immer noch zu verbessernden O-Line kann auch Cameron Clark auf Spielzeit bei New York hoffen.
Spieler die an Stelle 129 noch auf dem Board waren: Biadasz, Harris
Pick 158 Bryce Hall, Cornerback, Virginia
Es dauerte bis Pick 158, dass Joe Douglas einen Cornerback auswählte. Nach der Entlassung von Trumaine Johnson und einer generell eher schwach besetzten Passverteidigung können sich die Jets Fans mit Bryce Hall eventuell auf einen soliden Starter freuen. Eine verletzungsgeplagte letzte College Saison ließ ihn auf einigen Draftboards ziemlich tief fallen. Der wie ein 16- jähriger Híghschool Spieler aussehende 22-jährige hatte 2018 noch die meisten Passbreakups in der FBS. Wie so viele Spieler der Draft Class der Jets ist auch bei ihm seine Fußgelenksverletzung in seiner Senior Season ein großes Fragezeichen. Bleibt er allerding fit und kommt zu alter Stärke wie in 2018 zurück kann er sich mit Sicherheit bei den Profis etablieren.
Spieler die an Stelle 158 noch auf dem Board waren: Anae, Muti
Pick 191 Braden Mann, Punter, Texas A&M
Der seit zwei Jahren bei Texas A&M startende Punter Mann stellte 2018 mit 51 Yards durchschnittlich einen neuen College Rekord auf. Desweiteren ist er zweimaliger first Team All-SEC Spieler. Über 50% seiner Punts gingen weiter als 50 Yards. Nach einer historischen Saison 2018 verschlechterten sich seine Statistiken 2019 ein wenig, dennoch sahen ihn einige NFL Scouts im Vorfeld des Drafts als einen der besten College Punter überhaupt. Braden Mann wird sich in seiner NFL Karriere wohl über einige Pro Bowls freuen können.
Spieler die an Stelle 191 noch auf dem Board waren: Hodgins, Evan Weaver
Trades:
Pick 48 zu den Seahawks für 59 und 101
Pick 68 aus dem Leonard Williams Trade zu den Giants
Pick 101 zu den Patriots für 125, 129 und einen 2021 sechstrunden Pick
Pick 211 zu den Colts für Quincy Wilson, Cornerback
Als Rodger Godell verkündete, dass die Jets ihren 48. Pick traden, explodierte die Fanbase auf Twitter und Instagram, die sich eigentlich schon auf Denzel Mims eingerichtet hatte und sich freute, dass dieser überhaupt noch auf dem Board war. Als Mims dann an 59 noch da war, wurde Douglas schon als neuer Messias angepriesen. Auch im restlichen Verlauf des Drafts stellte der neue GM sein Können unter Beweis und scheute selbst vor einem Trade mit Bill Belichick und den Patriots nicht zurück. Aus den ursprünglich sieben Draft Picks machte Douglas neun, plus einen sechstrunden Pick nächstes Jahr und Quincy Wilson.
Wilson ist ein ehemaliger 2nd Rounder der Colts und spielte in seinen ersten beiden Saisons recht solide. In beiden Jahren hatte er eine PFF Grade von 65,6+ (71,1 2017 und 65,6 2018). 2019 spielte er allerdings eine katastrophale Saison und war einer der schlechtesten seines Fachs (30,2 PFF Grade). Kann er unter Gregg Williams zu alter „Stärke“ zurückfinden ist bei
Wilson die Frage.
Jets Draft Grade 2020:
Alles in allem machte Joe Douglas in seinem ersten Draft eine gute Figur. Er adressierte einige Needs, besonders die O-Line und das generelle rushing Game der Jets werden sich in der kommenden Saison sehen lassen können. Die gesamte Draft Class ist eine klassische Boom or Bust Klasse. Jeder Pick hat am College bereits gezeigt, dass er enormes Talent hat, aber viele wurden durch Verletzungen oder Inkonstanz zurückgehalten. Mindestens vier Spieler werden von Tag eins an einen Einfluss auf das Team haben können. Die restlichen müssen sich erst noch bei den Großen beweisen und an ihrer Technik arbeiten, werden aber auch alle in ihrer Rookie- oder spätestens ihrer zweiten Saison positiven Impact auf das Team haben. Need technisch konnten mit Sicherheit noch nicht alle Löcher gestopft werden. Besonders die Receiver und Cornerback Positionen lassen noch zu wünschen übrig. Den Jets eine abschießende Note zu geben ist nicht einfach, da vorwiegend high risk – high reward Spieler ausgewählt wurden. Dennoch gebe ich Joe Douglas und den New York Jets eine solide 2+, die sich mit der Zeit aber auch sowohl ins Positive (1), aber auch ins Negative (3-) verändern kann.