Es ist angerichtet. In der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober startet die alles entscheidende Serie im Kampf um den Titel in der besten Basketballliga weltweit. Das Beste im Westen gegen den Sieger aus dem Osten. Antetokounmpo gegen Leonard – Also Kostas Antetokounmpo vs. Meyers Leonard. Die Los Angeles Lakers gegen die Miami Heat. Luxus pur.
Besonders brisant wird das Wiedersehen zwischen LeBron James und seiner ehemaligen Mannschaft aus Miami, mit denen er zweimal die Meisterschaft gewinnen konnte. Sein Abschied aus Miami hätte reibungsloser verlaufen können, was einige brisante Geschichten versprechen könnte.
Glamourös wird es aber wohl kaum werden. Die Kontrahenten werden alles reinhauen, um am Ende die Trophäe in die Luft strecken zu können. Es wird intensiv und sie werden sich keinen Zentimeter schenken. Zudem stehen sie absolut verdient in der Finalserie.
Beide Mannschaften haben in den drei Serien ihrer Conference nur drei Niederlagen hinnehmen müssen. Die Lakers schlugen sowohl die Blazers, die Rockets als auch die Nuggets in fünf Spielen. Bei den Heat reichten für die Pacers vier, für die Bucks fünf und letztendlich für die Celtics sechs Spiele. Besonders beeindruckend: Miami startete auf Platz Fünf in die Eastern Conference Playoffs.
Nun stehen sich die besten Mannschaften der Conferences direkt gegenüber. Wer wird am Ende die Nase vorn haben. Die Big Three der Redaktion, Julian, Ole und Björn, haben sich die Teams im direkten Vergleich genauer angeschaut und geben Einschätzungen zum Verlauf der Finals.
Was sind X-Faktoren? Was sind Stärken und Schwächen? Wer ist der wichtigste Spieler in der Starting Lineup oder auf der Bank? Wer besitzt das bessere Coaching? Wer darf sich am Ende feiern lassen und die überragende Saison mit der Larry O’Brien Trophy krönen?
Funfact: Einer hat den Ring sogar schon sicher. Dion Waiters startete die Saison als Teil der Miami Heat, schloss sich aber zum Start der NBA-Bubble den Los Angeles Lakers an. Egal, wer die Serie gewinnt, einen Ring kann er sich auf jeden Fall an den Finger stecken.
X-Faktoren
Julian: Der entscheidende Faktor in diesen NBA Finals sind für mich die Rollenspieler auf beiden Seiten. Nicht nur müssen sie punkten und das Feld breit machen für die Superstars, sondern auch am defensiven Ende funktionieren, hart spielen und um jeden Ball kämpfen. Die Stars werden liefern, aber das Team mit den besseren Spielern neben den Stars könnte hier im Finale die Nase vorn haben.
Ole: Die Dreierquoten. Beide Teams haben einzelne Spieler, welche die Zone attackieren können und somit ordentlich Platz für die Shooter am Perimeter erzeugen können, wenn sie selber nicht abschließen. Somit wird von Leuten wie Duncan Robinson oder Jae Crowder auf Seiten der Heat, oder auch Kentavious Caldwell-Pope oder Danny Green auf Seiten der Lakers effiziente Quoten von Downtown erwartet.
Björn: Einen X-Faktor für diese Serie zu bestimmen ist brutal schwierig. Man kann es ja damit übersetzen, wer den Unterschied machen wird. Wird es ein Spieler wie die erfahrenen Dragic oder Rondo, die in den Playoffs überraschend stark abliefern? Vielleicht aber auch Igoudala, der sich im Dress der Golden State Warriors schon oft in den Finals beweisen durfte. Es könnte aber auch ganz einfach darauf hinauslaufen, wer besser den Dreier trifft. Da sehe ich die Heat besser besetzt. Gerade, weil sie in Duncan Robinson einen puren Shooter haben, der den Lakers fehlt. Im Endeffekt entscheide ich mich aber für Tyler Herro – den Rookie, dessen Selbstbewusstsein bis nach Deutschland spürbar wirkt. Unterstützt er seine Stars weiter so enorm wie bisher, sind die leichten Underdogs aus Miami viel mehr als nur Außenseiter. Kühlt er verständlicherweise mal ein wenig ab, wäre das ein großer Vorteil für die Lakers
Key Matchup
Julian: Das Key Matchup für mich ist jedes, welches aus Miamis Sicht die Defense von LeBron James übernimmt. Die meisten Minuten werden es wohl Jae Crowder oder der ewige Andre Iguodala mit dem King zu tun bekommen. Es wird sich zeigen, ob sie ihn stoppen können und seine Dominanz aus der Nuggets-Serie eindämmen können oder ob er in alter LeBron Manier die Serie im Alleingang entscheiden kann.
Ole: Anthony Davis versus Bam Adebayo. Wie oft die beiden Big Men auch auf dem Parkett im 1v1 aufeinander treffen, hängt von der Spielzeit der Lakers-Center JaVale McGee bzw. Dwight Howard ab. Doch beide Spieler sind die legitime zweite Option ihrer Teams und sorgen für einen riesigen Impact auf beiden Enden des Spielfeldes. Anthony Davis trifft das erste Mal in den Playoffs auf einen starken individuellen Big-Men-Verteidiger, Bam Adebayo muss seine starke Form gegen den gestandenen Superstar beweisen.
Björn: Für mich kommen fünf Spieler für ein Key Matchup in Frage. Auf der Lakers Seite sind das klar LeBron und Anthony Davis. Bei den Heat kommt es ganz darauf an, wer wen verteidigt. Offensichtlich wäre das Superstar-Duell zwischen Jimmy Butler und James, was sicher ganz entscheidend sein würde. Ein Duell der Co-Stars, Adebayo und Davis, wäre unglaublich interessant. Beide haben enorm viel Power und besitzen die Athletik ihren Gegenüber aus dem Spiel zu nehmen. Jae Crowder ist auf der anderen Seite ein Kandidat für ein Matchup gegen LeBron oder Anthony Davis. In der Offensive hat Crowder seinen Wurfglück verloren, in der Defensive hat er aber im Verlauf der Playoffs sehr stark angefangen und nicht nachgelassen. Da Crowder gegenüber AD körperliche Nachteile hat, wäre für mich der Schlüssel zum Erfolg eine Co-Produktion zwischen Crowder und Butler sein, die LeBron auch im Doppeln attackieren können.
Wichtigster Spieler
Julian: Da in diesem Matchup potenziell 4 Superstars auf dem Feld stehen werden (ja, ich zähle Bam dazu) fällt die Auswahl nicht leicht. Allerdings sehe ich Anthony Davis als den Spieler an, der das größte Mismatch darstellt und so die Scoring Option Nummer 1 auf Seiten der Lakers sein sollte. Dazu ist er auch noch der beste Verteidiger der Serie und damit in meinen Augen an beiden Enden des Feldes der entscheidende Mann.
Ole: LeBron James. Der 35-Jährige jagt seinem vierten NBA-Titel hinterher und möchte besonders im Jahr von Kobe Bryants Tod die Championship nach Los Angeles holen. In Spiel 5 gegen die Denver Nuggets zeigte er mit 38 Punkten, 16 Rebounds und 10 Assists, was passieren kann, wenn LBJ ein Spiel übernehmen will. Knüpft er an diese Leistung an, ist er für die Heat (vor allem Crowder oder Andre Iguadola) in der Isolation oder Transition schwer bis nicht zu stoppen. Zum vierten Mal Finals-MVP zu werden, diese Möglichkeit wird James reizen.
Björn: Die wichtigsten Spieler auf beiden Seiten sind für mich schnell gefunden: LeBron James und Jimmy Butler. Wenn ich mich aber entscheiden muss, wer wichtiger ist, wird die Sache schon kniffliger. LeBron ist unumstritten der beste Spieler der Serie. Mit Anthony Davis hat er allerdings einen weiteren Superstar, der übernehmen kann, wenn es für ihn nicht laufen sollte. Jimmy Buckets hat zwar eine enorme Tiefe in seinem Kader, doch wenn es Hart auf Hart kommt, ist er die einzige Option. Auch sein emotionaler Impact sollte nicht vernachlässigt werden.
Wichtigster Bankspieler
Julian: An dieser Stelle kommt man wohl nicht um Tyler Herro herum. Der 20-jährige legte in der Boston Serie großartige 19 Punkte, 6 Rebounds und knappe 5 Assists auf. Dass er der beste Bankspieler der Serie ist, sollte unbestritten sein, wenn er denn von der Bank kommt. Ansonsten kann man hier auch wahlweise Rajon Rondo oder Alex Caruso wählen, je nach dem, wer nicht in der Starting 5 stehen wird. Auf die beiden wird es besonders ankommen, wenn LBJ nicht mehr auf dem Feld steht und L.A. Playmaking braucht.
Ole: Schwer, nach der Serie der Heat gegen die Boston Celtics, hier nicht Tyler Herro zu nennen. Eine 37-Punkte-Explosion in Game 5 und auch sonst generell unfassbare effiziente Zahlen aus dem Feld. Zudem zeigt der Rookie seine Kaltschnäuzigkeit an der Freiwurflinie, 100% Trefferquote in den Conference Finals. Bei den Lakers ist sicherlich Rajon Rondo zu nennen, der James im Playmaking entlasten kann und soll. Doch eine Mikrowelle, die schnell heiß laufen kann, wie es Herro ist, das können die Lakers nicht aufweisen.
Björn: Der beste Bankspieler muss aus Miami kommen. Alex Caruso und Playoff-Rondo haben teilweise echt gute Zahlen abgeliefert, aber die Leistungen sind insgesamt zu unkonstant. Auf der Bank der Heat sitzt aber Tyler Herro. Herro wäre sicher auch mal ein Kandidat für die Starting Five, aber in seiner Rolle von der Bank fühlt er sich enorm wohl. Vergleicht man ihn mit dem Impact der Lakers von der Bank, ist die Lücke zugunsten der Heat enorm. Für mich eine klare Sache.
Coaching
Julian: Klarer Vorteil für die Heat. Erik Spoelstra hatte es in den Conference Finals mit Brad Stevens zu tun und es schien, als hätte selbst Stevens, einer der besten seiner Art, keine dauerhaften Antworten auf das System der Heat. Mit ihrer Zonenverteidigung brachten sie die Celtics an den Rande der Verzweiflung. Auf der anderen Seite steht mit Frank Vogel natürlich auch kein schlechter Coach, allerdings darf man seine Entscheidung Spieler wie Javale McGee oder Dwight Howard immer wieder Minuten zu geben durchaus kritisch sehen.
Ole: Spätestens in dieser Postseason hat Miami-Coach Erik Spoelstra auch den letzten Kritikern, die seine Titel mit Miami eher auf die individuellen Talente des Teams als auf Coaching schoben, gezeigt, dass der zu den besten Trainern der Liga gehört. Die Zone-Defense wird auch in den Finals seine Anwendung finden, Spoelstra holte sie zurück und kann diese auch über längere Zeit spielen lassen. Die Celtics bissen sich die Zähne daran aus. Lakers-Coach Frank Vogel entwickelte das Team besonders defensiv weiter, coachte Los Angeles zu einer der besten Defenses der Liga. Besondere Umstellungen fielen bei ihm bisher nicht auf, er brauchte sie bisher aber auch nicht.
Björn: Eigentlich müsste man hier über das Coaching zwischen Erik Spoelstra und Frank Vogel sprechen. Das finde ich an dieser Stelle nicht angebracht. Sicher ist Frank Vogel ein guter Trainer, doch das letzte Wort wird in den Finals LeBron haben. Mit 10 Finals-Teilnahmen (13,5 Prozent aller Finals-Teilnahmen der NBA-Geschichte) sollte er auf praktisch jede Situation eine Antwort wissen. Spoelstra auf der anderen Seite ist für mich der Trainer des Jahres, wenn man die Playoffs mit einbeziehen würde. Wenn ich überlege, was er aus dem Kader rausgeholt hat, komme ich wirklich ins Staunen. Da er mehr als LeBron die Rolle des Strategen von der Seitenlinie übernehmen kann, gehört der Vorteil ihm. Gerade weil er gezeigt hat, welche Mannschaften er bereits ohne Probleme aus den Playoffs gecoacht hat.
Stärken
Julian: Die Lakers haben LeBron und AD, die Heat haben ihre Culture. So stumpf es auch klingen mag, aber man konnte in allen bisherigen Serien im Osten sehen, dass die Heat sich nie unterlegen fühlten und immer den Sieg vor Augen hatte. Sie waren selten das talentiertere Basketballteam, aber irgendjemand konnte immer die Kohlen aus dem Feuer holen und auch in diese Serie gehen sie als Underdog, sind also umso gefährlicher. L.A. Setzt im Gegenzug eher auf die absolut überragende individuelle Qualität ihrer beiden Franchise Player. Sie können potenziell jedem Spiel ihren Stempel aufdrücken und entscheiden, am Ende wird sich zeigen, ob sich Teamgefüge gegen die Topstars durchsetzen kann.
Ole: Die Lakers haben zwei der Top 5 Spieler in ihren Reihen. Wenn es nicht läuft, können Davis oder James immer wieder die Kohlen aus dem Feuer holen. Im Zusammenspiel während des Pick-And-Roll oder auch in der einfachen Isolation. Die Mannschaft schien bisher zudem weiterhin nicht an ihre letzten Grenzen gehen zu müssen, die Lakers haben vielleicht einen noch höheren Gang in peto. Miami hat ebenfalls seinen Spieler, zu dem am Ende des Spiel der Ball geht: Jimmy Butler zeigte schon mehrere unfassbare vierte Viertel, in denen er Spiele übernehmen konnte. Die Heat kommen jedoch mehr über die mannschaftliche Geschlossenheit, sind eine eingeschworene Truppe. Der Mix aus erfahrenen Typen wie Butler, Dragic oder Crowder, gepaart mit den jungen Shooter Herro und Robinson ist eingespielt und ultimativ heiß auf die Finals – besonders mit der zuvor angesprochenen Zonen-Defense.
Björn: Die Lakers haben die Stärke, die deutlich besseren Einzelspieler zu haben. LeBron und Davis überragen, einzeln gesehen, jeden einzelnen Spieler der Heat. Außerdem haben sie mehr Kraft beim Zug zum Korb und unter dem Korb beim Kampf um Rebounds. Den Heat kommt ihr starker Wurf von außen und die enorme Breite zu Gute. Es bleibt die Frage offen, inwiefern ihnen ein breiter Kader weiter hilft, wenn LeBron und AD wohl kaum Zeit auf der Bank verbringen werden. Beide haben die Kraft im Notfall sieben Spiele mit enorm hoher Spielzeit zu überstehen.
Schwächen
Julian: Die Heat sind über weite Strecken der Playoffs abhängig vom Dreier gewesen, fällt er nicht, bleiben wenig gute Optionen konstant übrig. Das Offensivspiel war nicht immer variabel und am Ende von Spielen gab es oft nur die Option Butler. Gegen die starke Defense der Lakers könnte das zum Problem werden. Ganz ähnlich sieht es auf der anderen Seite aus. Treffen die Lakers ihre Würfe nicht, so werden die ähnlich wie Boston arge Probleme mit der Zone der Heat bekommen. Dagegen kommt es vor allem auf schnelle Entscheidungen und gute Pässe, sowie Penetration an. Das fehlt dem Team aus der Stadt der Engel allerdings neben den Superstars.
Ole: Die Heat werden immer wieder Spieler auf dem Feld haben, die defensiv attackierbar sind. Dragic oder Robinson sind genau die Miss-Matches, gegen die James gerne spielt. Die Lakers haben zwar die beiden besten Spieler der Serie, doch Platz 3-9 gehört mindestens den Heat. Die Lakers sind also von starken Leistungen ihrer Rollenspielern abhängig. Zudem wird sich zeigen wie gut AD und LBJ auf die Zonen-Defense von Miami reagieren. Bei Miami werden die Dreier wichtig sein. Robinson Crowder und Herro müssen weiter hochprozentig treffen, sonst liegt zu viel Last auf den Schultern von Butler.
Björn: Miamis größte Schwäche liegt in der geringen Finals-Erfahrung. Zwar haben Igoudala und Haslem schon Finals gespielt und auch gewonnen, doch die Spieler mit den meisten Anteilen, müssen sich unter diesem enormen Druck erst einmal beweisen. Bei den Lakers ist es die Abhängigkeit von LeBron und Davis. Sollten unerwarteter Weise beide Spieler schwächeln, werden die Lakers keine Chance haben. Das halte ich aber für höchst unwahrscheinlich.
Wer wird Champion?
Julian: Zuletzt habe ich schon 2 mal gegen Miami getippt und wurde 2 mal lügen gestraft. Auch hier sehen die Heat wie das auf dem Papier unterlegene Team aus. Diese Situationen hat sie aber zuvor auch nicht gestört. Wenn Butler auf höchstem Niveau agiert und ein Elite Crunchtime-Scorer sein kann, dann glaube ich, dass es gut möglich ist, dass die Heat diese Serie gewinnen, da die Spiele im Großen und Ganzen eher knapp verlaufen sollten. Auf der anderen Seite spielt allerdings einer der 2 besten Spieler aller Zeiten mit einem Top 5 Offense und Defense Spieler daneben. Die Heat holen mindestens 2 Siege und können die meisten Partien knapp gestalten, aber ich muss hier mit LeBron gehen, der mit Team Nummer 3 einen Titel holen wird. Die Lakers werden Champion.
Ole: Die Lakers. Das Superstar-Duo ist in den NBA-Finals nicht zu stoppen, wenn James und Davis den Ring vor den Augen haben, sind super Leistungen nahezu sicher. Die Heat sind DIE Story der Postseason, ein starkes Team und können mit Butler in der Crunchtime einen Go-to-Guy vorweisen. Reichen tut das meiner Meinung nach nicht. James in den Finals, dort zeigt er sich bisher immer von der besten Seite (abgesehen von 2011). Und James beste Seite, das ist wahrscheinlich das individuell beste auf der Basketballwelt. Dazu ein überragender Davis? Mein Tipp: Lakers in 6, da Miami die Spiele knapp halten wird, am Ende aber zu wenig gewinnen kann.
Björn: Ich habe richtig Bock auf eine Serie über sieben Spiele. Das traue ich beiden Mannschaften auch zu. Der Run der Heat ist unfassbar. Von Platz fünf in die Finals muss man erst einmal kommen. Wenn ich aber ehrlich bin, glaube ich, dass der Lauf sein Ende finden wird. Die Lakers sind eine Nummer zu groß und werden sich am Ende in sechs Spielen durchsetzen. Aber ich habe schon zweimal prophezeit, dass der Run der Heat vorbei geht.