Tim Anderson
MLB

Der Batting Title braucht ein Update!

Lesedauer: 4 Min
5
(5)

Sowohl in der American League als auch in der National League der MLB wird jedes Jahr ein “Batting Champion” gekrönt, welcher der beste Spieler in einer Kategorie ist: Batting Average! 

Das Problem dabei? Batting Average ist die vermutlich unnötigste und am wenigsten aussagenste Statistik im Baseball (neben dem Pitcher Wins, aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr)!

Mittlerweile kommt dies bei mehr und mehr Leuten an, welche verstehen, dass der Batting Average eines Spielers kaum Auskunft darüber gibt, wie gut dieser Spieler am Schlagmal ist oder eben nicht ist. Dennoch gibt es noch genug Fans, die einen Spieler an seiner Batting Average messen und einen Anteil daran hat auch der “Batting Title”. 

Für den “Batting Title” kann sich ein Spieler qualifizieren, wenn er 503 oder mehr Plate Appearances in einer Saison hat. Als “Batting Champion” gekrönt wird dann jeweils der Spieler in der American League bzw. National League, welcher die höchste Batting Average, also Anzahl an Base Hits geteilt durch die Anzahl an At-Bats, hat.  

Worin liegt jetzt das Problem, mag sich derjenige fragen, welcher noch nicht mit dem Thema “Sabermetrics” in Kontakt gekommen ist oder nicht viel Ahnung vom Baseball hat: Man kann nicht nur mit einem Base Hit “auf Base” kommen, sondern es gibt mehrere andere Wege, welche den Gang auf die “First Base” erlauben.

Keith Law, ehemaliger “Special Assistant to the GM” der Toronto Blue Jays, schreibt in seinem Buch “Smart Baseball”:

“Der Batting Average sagt Ihnen nicht, wie oft ein Spieler einen Hit erhält, sondern wie oft er einen Hit erhält, wenn man die Momente ignoriert, in denen er einen Walk macht, von einem Pitch getroffen wird, einen Sacrifice Fly macht, einen erfolgreichen Sacrifice Bunt macht oder über Catcher Interference auf Base kommt.” 

Keith Law, „Smart Baseball“

Alle dieser beschriebenen Szenarieren zählen nicht als At-Bats, sondern als Plate Appearance.  Als At-Bats zählen lediglich die Plate Appearances, in welchen der Schlagman einen Base Hit (entweder Single, Double, Triple oder Home Run) bekommen hat oder ein Flyout oder Ground Out kassiert hat, alles andere zählt als Plate Appearance. Darin liegt das große Problem der Batting Average: Es lässt wichtige Teile des Spiels außen vor und nimmt nur einen begrenzten Teil der Plate Appearance in seine Berechnung auf!

Das vor allem Walks (oder Bases-on-Balls) nicht berücksichtigt werden, ist nicht nur Schade, sondern auch schlecht, da dies, wie auch Keith Law in seinem Buch anmerkt, einen wichtigen Teil der Schlagfähigkeit eines Spielers ausmacht. Denn am Ende kommt es nicht darauf an, wie oft ein Spieler einen Basehit bekommt, sondern wie oft er generell “auf Base” kommt: Enter On-Base Percentage!

On-Base Percentage (OBP) versucht genau dies zu umgehen und berechnet einige der Statistiken, welche bei der Batting Average nicht miteingerechnet werden, mit ein. OBP wird berechnet, in dem man die Summe aus Base Hits, Walks und Hit by Pitches durch die Summe aus At-Bats, Walks, Sacrifice Flies und Hit by Pitches teilt. Dies ist bei weitem noch kein optimales Ergebnis und es lässt, zum Beispiel, noch immer Sacrifice Bunts (auch als Sacrifice Hits bekannt) aus (LA Dodgers Pitcher Clayton Kershaw führte die MLB im letzten Jahr mit 15 Sacrifice Bunts an). 

Ein potenzieller Beweis, dass die On-Base Percentage aussagekräftiger als die Batting Average ist, kann in der Korrelation zwischen den beiden Statistiken auf dem Team-Level und den durchschnittlichen Runs die ein Team pro Spiel gefunden werden.  Diese liegt bei Batting Average (zwischen 2011 und 2015, Angaben ebenfalls aus Keith Law’s Buch) bei 0.789 im Gegensatz zu den 0.833 von On-Base Percentage. Beides sind keine optimalen Werte und vor allem eine Statistik, On-Base plus Slugging (OPS) mit 0.936, ist in dieser Hinsicht noch aussagekräftiger. 

Natürlich ist es oft auch so, dass die Spieler, welche sich für den “Batting Title” qualifizieren und gleichzeitig eine hohe Batting Average haben, auch gute Schlagmänner sind. Bei einem guten Schlagmann kommt es jedoch auf viel mehr als Base Hits an, denn am Ende geht es darum, auf möglichst einfache Weise “auf Base” zu kommen und seinem Team so die bestmögliche Chance zu verleihen, Runs zu erzielen und dadurch das Spiel zu gewinnen. 

Es gibt Schlagmänner, die sehr viel Kraft haben und mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Home Run schlagen, wenn sie den Ball treffen, jedoch im Gegenzug viele Strikeouts kassieren (Ein Beispiel wäre hier Khris Davis von den Oakland A’s). Dann gibt es aber auch Schlagmänner, welche Pitches sehr gut einschätzen können und vielleicht wenig Extra Base Hits haben, jedoch dafür wenig Strikeouts und viele Walks (Ein Beispiel wäre hier White Sox Prospect Nick Madrigal). 

Beides sind unter Umständen gute bis sehr gute Schlagmänner, aber haben eventuell nicht den höchsten Batting Average (bei dem einen, weil er häufig Strikeouts hat, bei dem anderen, weil er unter Umständen zwar häufig den Ball ins Spiel bringt, aber auch viele Groundouts oder Flyouts hat) und können daher gar nicht als Anwärter auf den “Batting Title” in Frage kommen. 

Wäre es also nicht sinnvoller, wenn man den “Batting Title” an einen Spieler gibt, welcher tatsächlich der beste Batter war und nicht an denjenigen, welcher am meisten Base Hits bekommen hat? 

Im letzten Jahr gewann Tim Anderson, Shortstop der Chicago White Sox, mit einer Batting Average von .335 den “Batting Title” der American League. In anderen Worten: In 33.5% seiner At-Bats sicherte sich Tim Anderson einen Base-Hit. Seine On-Base Percentage von .357 lag schon beinahe ungewöhnlich knapp über seiner Batting-Average, was vermutlich daran liegt, dass er nur 15 Walks bei 106 Strikeouts hatte.

Also wer war denn dann tatsächlich im letzten Jahr der wahre “Batting Champion” der American League? Mike Trout, Center Fielder der Los Angeles Angels: .291 AVG, .438 OBP (trotz 120 Strikeouts, dank seinen 110 Walks), 1.083 OPS und 45 Home Runs (hat dafür auch den verdienten MVP Titel erhalten).

Der “Batting Title” sollte also nicht nur eine auf eine Statistik beschränkt werden, sondern von einem Komittee bei Miteinberechnung von anderen Statistiken neben der Batting Average entschieden werden (dabei sollten natürlich nicht nur “Traditionalisten” in dem Komittee sitzen, da sonst der bisherige “Batting Champion” trotzdem gewinnt). Wenn man weiter auf eine Statistik setzen will, dann gibt es deutlich aussagekräftigere Statistiken als Batting Average.

Wie hat dir dieser Beitrag gefallen?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 5

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Silvio
21-jähriger Student, welcher zu den scheinbar wenigen Leuten in den deutschsprachigen Ländern gehört, welche Baseball tatsächlich als nicht langweilig empfinden und daran sogar eine große Freude finden. Darüber hinaus auch noch am American Football, spezifisch College Football, interessiert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert